Erfahrungsbericht 2019

Phillis Award 2019 – Bericht vom NUTC 2019 von Jonathan Meyer-Bothling

Dienstag 9.7.2019, 14:05 Uhr es geht los, Abflug aus Hamburg nach Boston. Zwölf Tage die ich nie vergessen werde beginnen.

Nach acht Stunden Flug mit Zwischenstopp in Reykjavik auf Island komme ich hungrig und müde in Boston an. Zielstrebig gehe ich zum Taxistand und lasse mich nach Needham fahren, wo ich sehr freundlich von Familie Sadok in Empfang genommen werde. Die „Kinder“ sind noch beim Training, ich verstehe mich aber sofort gut mit den Eltern, und Mutter Tammy macht mir erstmal etwas zu Essen warm. Das einzige Mal, dass ich in diesem Haus Fleisch esse. Benjamin, der älteste Sohn, arbeitet nämlich in einer Firma, die Rezepte und Zutaten für vegane Gerichte vertreibt. So überzeugt er die Familie mehr und mehr auf tierische Produkte zu verzichten. Die gesamte Zeit über esse ich sehr gesund und lecker. Wenig später kommen dann die beiden jüngsten Kinder nach Hause, Elana die jüngste, begrüßt mich herzlich und wir verstehen uns direkt. Bruder Joseph ist nicht so gesprächig, aber heißt mich auch herzlich Willkommen.

Der erste Tag in Needham beginnt für mich sehr früh, mein Jetlag bringt meinen Schlaf dann doch etwas aus dem Rhythmus. Nach einem gemütlichen Vormittag auf der Couch fahre ich mittags mit Ron, dem Vater, in ein nahes gelegenes Fitnessstudio. Wir machen Sport und unterhalten uns nett miteinander. Auch mit Ron verstehe ich mich super, alle sind sehr aufgeschlossen und sympathisch. Um 18:00 Uhr treffe ich dann das erste Mal Benjamin, mit dem ich vorher schon in Kontakt stand. Viel Zeit bleibt uns aber nicht Zuhause, um 18:15 Uhr fahren wir gemeinsam zum Sportplatz, treffen dort noch Teamkollegen und Freunde von ihm und spielen Ultimate Frisbee. Wieder Zuhause wird lecker und vegan gekocht, nach dem Essen falle ich nur noch müde ins Bett.

Am Donnerstag sind Joseph und ich zu einem anderen Sportplatz gefahren und haben ein paar Sprints gemacht und eine Weile geworfen. Abends bin ich dann wieder mit Benjamin zum Frisbee gefahren.

Ein bisschen Tourist sein darf ich auch, deshalb fahre ich Freitag mit Elana und ihren Eltern nach Boston und sie zeigen mir ein wenig die Stadt. Wir schlendern gemütlich durch die Straßen und Marktpassagen, haben uns viel zu erzählen und lachen viel mit einander. Besonders lustig ist es am Hafen, unter anderem ist dort dieses Bild entstanden. Bei einem bleibt es aber nicht, da Ron, wie man erkennen kann, deutlich kleiner ist als ich, müssen wir den Größenunterschied ein wenig anpassen… Die Frauen schütteln nur den Kopf, aber Ron und ich können gar nicht mehr aufhören zu lachen. Es war ein toller Tag!

Das Camp

Samstag früh geht es dann wirklich los, mit Benjamin und Elana auf nach Amherst. Da Benjamin Counselor ist und früher da sein muss, sind Elana und ich die ersten Camper. Das ist aber überhaupt nicht schlimm, wir werden nett in Empfang genommen und können noch bei den letzten Vorbereitungen helfen. Nachdem wir zusammen Mittag gegessen haben, kommen dann auch die anderen Camper. Wer Lust hat kann schon ein bisschen Pick-Up spielen, bevor es Abendessen gibt. Am ersten Abend findet immer die Intro Night statt, hier werden nochmal alle zusammen willkommen geheißen, alle Counselor vorgestellt und einige wichtige, aber selbstverständliche Regeln aufgestellt. Abschließend findet noch, in unserer Unterkunft auf dem Campus, ein „Floormeeting“ statt, es wird kurz über den heutigen Tag und über den nächsten Tag gesprochen. Dieses Treffen wird es jeden Abend geben.

6.30 Uhr Feueralarm, der erste Morgen im Camp startet dementsprechend laut und früh. Um 8:00 Uhr geht es dann los auf den Platz. Alle treffen sich in einem großen Kreis, es wird erzählt, was heute ansteht. Außerdem wird ein Motto für den Tag benannt, heutiges Thema: an unkontrollierbaren Dingen keine Energie verschwenden. Also nicht über das Wetter aufregen oder so, sondern die Energie lieber in gute Laune stecken. Heute trainieren und spielen wir den ganzen Tag in Teams, die morgens zufällig zusammengesetzt worden sind. Als sich alle beim Abendessen satt gegessen haben, ist es Zeit für die Team-Night. Die Counselor geben ihre Teams bekannt, wir treffen uns in den Teams und lernen uns erst einmal richtig kennen. Danach sind wir bereit für die Spiele um die Wahl der Trikotfarbe. Am Ende werden wir, glaube ich, dritter oder vierter geworden, bekommen aber trotzdem unsere Wunschfarbe, dunkel blau. Der Tag ging wieder mit einem Floormeeting zu Ende.

Am Montag wird dann fleißig in den Teams trainiert und es gibt zwischendurch immer kleine Testspiele gegen die anderen Teams. Highlight des heutigen Tags ist der Abend: Nach der Tradenight ist es Zeit für das Camper vs. Counselor Game. Unser Flur, mit den ältesten Jungs, wettet mit den Counselor von unserem Flur, wie viele Punkte wir gegen die Camper machen. Das Spiel geht natürlich deutlich für die Counselor aus, ungefähr 18 zu 3 und damit verlieren wir unsere Wette, denn wir haben gewettet, wir würden fünf Punkte machen. Jeder Punkt von den Campern wird aber von allen gefeiert und den ganzen Abend ist eine super Stimmung (natürlich nicht nur, aber vor allem) auf dem Platz. Zu der verlorenen Wette später…

Guten Morgen Pink-Tuesday, heutiger Dresscode: pink. Vormittags trainieren wir noch in den Teams, danach geht es für die Jungs auf die Tribüne und für die Mädchen auf den Platz. Wir geben unser Bestes, um die Mädchen anzufeuern, während wir ihnen dabei zugucken, wie sie super Frisbee spielen. Sie sind sich auch nicht zu scheu, uns ein paar coole lange Würfe und spektakuläre Highlights zu zeigen, es macht richtig Spaß zuzuschauen. Heute Nachmittag ist es dann so weit, die ersten Pulls des NUTC Turniers werden geworfen. Das erste Spiel gegen Benjamins Team (grau) gewinnen wir knapp im Universpoint und das zweite gewinnen wir deutlich gegen Elanas Team (gelb). Die Stimmung ist aber bei allen super, auch, als abends über Gender Equity und Frauensport im Verglich zu Männersport gesprochen wird, es ist eine sehr interessante Konversation.

Für Mittwoch sind Gewitterstürme angesagt. Wir können vormittags zum Glück noch ordentlich spielen, müssen nachmittags dann aber wegen des Gewitters rein. Drinnen lassen wir uns die gute Laune nicht nehmen und ich versuche mit einigen Jungs Schwimmen/Knacks/31 zu spielen. Nach gewissen Startschwierigkeiten läuft es echt gut, die Runde um den Kartentisch wird immer größer und größer. Uns gehen fast die Karten aus, weil so viele mitspielen wollen. Wir tun uns schwer, die Karten bei Seite zu legen, als das normale Programm weiter geht. Wir gehen in eine große Halle, hier wird dann provisorisch das letzte Vorrundenspiel des Turniers gespielt. Ich kann es gar nicht glauben, heute ist schon der vorletzte Tag des NUTC. Schöne Zeit geht irgendwie immer schneller vorbei, als langweilige Zeit. Ganz vorbei ist es zum Glück noch nicht. Wir dürfen noch bei dem Spiel des U20 Mädchen Team aus Seattle gegen das lokale U20 Mädchen Team zusehen. Auch heute lässt der beste Teil des Tages auf sich warten, die Talentshow. Es ist echt beeindruckend, was so für Talente noch in dem einen oder der anderen stecken. Der eine kann coole Tricks mit dem Jo-Jo und die andere singt richtig gut ein selbst geschriebenes Lied. Nun zu unserer verlorenen Wette, wir mussten unserer Wettschulden natürlich noch einlösen. Und so haben alle nochmal etwas zu lachen. Wir Jungs aus der vierten Etage stellen uns auf, tanzen und „singen“ zu dem Lied „Es rappelt im Karton“ – für alle ein Riesenspaß!

Das letzte Mal Frühstück mit allen, die Stimmung ist, wie schon die ganze Woche, super. Um 8:15 Uhr ist heute schon Anwurf bei den Halbfinalen. Wir spielen wieder gegen hellblau, die uns gestern im Universpoint besiegt haben. Es ist Halbzeit und es steht 1:6, jetzt ist es höchste Zeit, den Schalter umzulegen, wie es uns am Dienstagmorgen beigebracht wurde, vom chilligen, miteinander rumhängen, in den Gamemodus zu schalten. Das bekommen wir super hin und starten ein starkes Comeback und gewinnen das Halbfinale 7:6. Im Finale ist Grün dann doch zu stark und wir beenden diese großartige Woche mit einem guten zweiten Platz. Bei der Abschlusszeremonie werden noch alle, die etwas zu diesen unvergesslichen Tagen beigetragen haben, geehrt. Auch ich darf mir hier ein ganz besonderes Andenken überreichen lassen. Chase, mit dem ich mich die ganze Woche über super verstanden habe, und ich werde als hilfsbereiteste Camper ernannt und bekommen jeder eine goldene NUTC Scheibe überreicht. Abschließend treffen sich alle Teams nochmal mit ihren Counselors und es werden Teilnehmerurkunden und persönliche Feedbacks von den Counselors verteilt. Damit geht das NUTC dann leider zu Ende.

Nach dem Camp

Naja, ganz vorbei ist meine Reise noch nicht. Wieder in Needham angekommen, geht es gleich wieder los zum nächsten Sportplatz. Denn heute spielen die Teams aus Seattle gegen die Junioren Teams aus der Region Boston, Teil davon ist Elana, sowie Leo und Chase. Erst gucke ich mit Elana dabei zu, wie Leo und Chase gegen die Seattle Boys im Universpoint gewinnen und dann mit Leo und Chase, wie Elana gegen Seattle leider im Universpoint verliert. Wir haben aber alle gute Laune, gehen hinterher noch zusammen Essen und verabreden uns für den nächsten Abend.

Der letzte Tag ist super, erst bin ich mit Familie Sadok bowlen und im Kino. Abends kommen dann noch Leo und Chase. Schon das gemeinsame Abendessen gestaltet sich super lustig, die Nacht wird noch viel besser. Nach dem Essen fahren wir in die Stadt Eis essen, nach Hause wollen wir noch nicht und fahren deshalb zu einer alten verlassenen Eisenbahnbrücke. Wir haben uns total viel zu erzählen, bei Mondschein auf der Brücke sitzen und die Zeit vergessen. Eine unvergessliche Nacht! Irgendwann geht es dann doch Heim, geschlafen wird aber noch lange nicht, wer weiß, wann man sich wiedersieht. Es werden noch Trikots getauscht und bis in die frühen Morgenstunden gelacht.

Samstag, heute geht es wieder nach Hause. Aber zum Glück erst abends, so bleibt mir noch etwas Zeit. Elana schläft noch und die Jungs sind aus dem Haus, da ich schon wieder eine Frisbee in der Hand haben will, gehe ich mit Ron ein bisschen werfen. Dabei unterhalten wir uns recht ausführlich und er erzählt mir, Frisbee sei das Beste, was seiner Familie passiert ist. Der Abschied von Familie Sadok fällt mir nach dieser tollen Zeit echt schwer. Auch wenn 12 Tage nicht total lange ist, habe ich in dieser Zeit sehr viel erlebt, Familie Sadok ist mir echt ans Herz gewachsen. Um 17:00 wird es dann leider Zeit, Benjamin bringt mich zum Flughafen. Und da steh ich jetzt alleine in der Schlange vor der Gepäckaufgabe, einerseits freue ich mich drauf, meine Familie und meine Freunde zuhause wiederzusehen, viel mehr vermisse ich aber jetzt schon meine neu gewonnenen Freunde.

Diesen Sommer werde ich nie vergessen und immer in guter Erinnerung behalten!

Ich möchte mich besonders bei Sonja Timmermann, Hans Tiro und dem gesamten Phillis-Award Team bedanken, dass ihr mir und allen anderen Phillis-Award Gewinnern diese Reise ermöglicht habt. Ein riesiges Dankeschön an Tiina Booth, die Großartiges für den Frisbee-Nachwuchs tut und jedes Jahr Kindern und Jugendlichen Erfahrungen fürs Leben schenkt. Ich sage Danke an Familie Sadok, die mich so herzlich aufgenommen hat. Vielen Dank auch an meine Counselor Jonny und Erica, für euer gutes Feedback, an meine Teamkameraden, für die coole Zeit mit euch auf dem Feld und Danke an alle, die dafür gesorgt haben, dass ich so eine tolle Zeit, mit so vielen netten Menschen erleben durfte.

Danke für diese wunderbaren Tage!

Außerdem möchte ich alle Frisbee-Begeisterten im Alter von 14-18 Jahren dazu ermutigen, sich für den Phillis-Award zu bewerben. Wenn es vielleicht beim ersten Mal nicht klappt, bewerbt euch noch einmal, es ist jede Mühe wert!

Jonathan Meyer-Bothling